SXEU31 DWAV 281800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Freitag, den 28.11.2025 um 18 UTC SCHLAGZEILE: In der Nacht zum Samstag im Südosten gebietsweise markantes Glatteis! Ansonsten nicht viel los uff de Gass. Am Sonntag an der Nordsee windig bis stürmisch, aber kein ausgewachsener Sturm. Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC ---------------------------------------------------------------- Aktuell ... befindet sich Deutschland am südlichen Rand eines umfangreichen Tiefdrucksystems mit Zentrum (YONATAN) über der Norwegischen See. Mit etwas unter 970 hPa im Kern ist YONATAN recht prominent aufgestellt, was auf den Vorhersageraum in Bezug auf Wind aber nur peripher abfärbt. Eingebettet ist das Tief in einen breiten, aber nur mäßig amplifizierten Potenzialtrog über Nordwesteuropa, dessen südliche Begrenzung sich heute Abend vom Seegebiet west-südwestlich von Irland bis hinüber zur Nordsee erstreckt. Bereits in der kommenden Nacht läuft ein signifikanter Sekundärtrog in die Rückseite des Haupttroges hinein, was am Wochenende eine Verkürzung seiner Wellenlänge bei gleichzeitiger Ausdehnung seiner Amplitude in Richtung Iberische Halbinsel zur Folge hat. Zu erwähnen ist auch noch die langgestreckte Kaltfront des Tiefs, die sich schon seit geraumer Zeit diagonal exponiert über dem Westen und Norden des Landes eingefunden hat. Die Front, die passend zur 5. Jahreszeit zumindest für den Südosten maskiert daherkommt (dort abgekoppelte kalte Grundschicht, wird gleich noch Thema), glänzt bisher nicht gerade durch üppige Progression. Vielmehr handelt es sich um ein klassisch schleifendes Exemplar mit bisher geringem Impact (durchbrochenes Regenband mit überwiegend geringen Stundensummen, nur im Westen gebietsweise Tagessummen zwischen 5 und 10 l/m²), das offensichtlich den berühmt-berüchtigten Tritt in den Allerwertesten braucht, um ein bisschen in Schwung zu kommen. Und tatsächlich erfolgt in nicht allzu ferner Zukunft genau dieser "Tritt" in Form eines kleinen, aus dem Haupttrog herauslaufenden Kurzwellentrogs, der in der Nacht zum Samstag über die Nordsee und Norddeutschland nordostwärts schwenkt. Zunächst bremst dieser KW-Trog die Front noch für einen kleinen Moment aus (leichtes Rückdrehen der Höhenströmung), was mit der Passage einer ganz flachen Welle an der Luftmassengrenze einhergeht. Danach aber drehen die Höhenwinde wieder ein Stück nach rechts und die Front bekommt den entscheidenden Push nach vorn. Oder anders ausgedrückt, das Regenband, das sich durch die flache Welle etwas intensiviert hat (im Grunde löst ein neues Band das alte ab, wie man aktuell auf dem Radar erkennen kann), verlagert sich Schritt für Schritt über die Mitte hinweg in den Osten und Süden, wo es auf "vermintes" Gebiet trifft. Womit wir wieder bei der oben bereits kurz angerissenen kalten Grundschicht wären. Vornehmlich in den Gebieten von Oberschwaben bis hinüber zu den ost- und nordostbayerischen + den sächsischen Mittelgebirgen konnte die abgekühlte Grenzschicht aus der vergangenen Nacht trotz (eigentlich besser wegen) des leichten Zwischenhocheinfluss (zonaler Hochdruckstreifen ALRUN) und z.T. ganztägigen Sonnenscheins nicht wirklich deinstalliert werden. Wind fehlte auch oder kam aus der "falschen" Richtung, so dass die Temperatur stellenweise sogar unter dem Gefrierpunkt blieb. Am Abend kühlt es nun vor allem in den offenen Regionen wieder etwas runter, so dass die negativ temperierten Areale noch etwas größer werden. Nicht ganz einfach einzuschätzen ist, wo und wie genau die Gegenstrahlung der langsam reinziehenden Bewölkung eine gegenteilige, sprich wärmende Wirkung entfacht und wie genau diese sich bei der Temperaturentwicklung äußert. Es sieht aber so aus, dass am Rande des aktuell bewarnten Gebietes keine Glättegefahr mehr entsteht. Fakt ist, dass nur wenige hundert Meter über der Grenzschicht positive Temperaturen vorherrschen, teils bis zu 5°C und ebenfalls mehrere hundert Meter mächtig. Kurzum, die Vertikalprofile zeigen ein typisches Warme-Nase- oder auch Glatteismuster, das keine Zweifel daran lässt, was dem Südosten kommende Nacht bevorsteht: gefrierender Regen mit Glatteis. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Regen aufgrund von Niederschlags- respektive Verdunstungsabkühlung irgendwann in Schnee übergeht, ist aufgrund der relativ mächtigen Warmschicht sehr gering. Nur in höheren Lagen der Alpen (grob ab 1500 m) dürfte es für etwas Schneefall reichen. Trotzdem besteht die berechtigte Hoffnung, dass es nicht so fett kommt wie vergangenen Sonntag/Montag, als in weiten Teilen Süddeutschlands die erste Glatteislage des Winters 25/26 aufgetreten ist und verbreitet die Rote Karte (Unwetter) gezogen werden musste. Wir sollten auch die jetzige Situation nicht unterschätzen und es ist auch gut möglich, dass die prophylaktisch ausgegebenen markanten Glatteiswarnungen an der ein oder anderen Stelle kurzfristig noch auf Rot gestellt werden müssen. Die Vorgeschichte ist aber eine andere als vergangene Woche. Zum einen sind die negativen Vortemperaturen nicht so niedrig und die Frosteindringtiefe ist um einige Zentimeter geringer, was die Andauer des Glatteisereignis verkürzen dürfte. Nevertheless, Theorie ist das eine, Praxis das andere. Am Ende gilt, glatt bleibt glatt, egal welche Farbe auf der Warnkarte erscheint. Also liebe Leute, vorsichtig fahren oder noch besser tu huus bleiben, wenn´s geht. Bliebe nur noch zu sagen, dass postfrontal eine Portion erwärmter Meereskaltluft subpolaren Ursprungs (mPs; T850 0 bis +3°C) zunächst in die Nordwesthälfte einströmt. Regnen tut es dort dann nicht mehr (allenfalls vereinzelte Schauer über der Nordsee), aber substanzielle Wolkenlücken sind auch nicht auszumachen, was Frostfreiheit garantiert. Wenn sich doch mal irgendwo ein Fenster lange genug öffnet, kann sich rasch Nebel bilden. Ansonsten werden Sichteinschränkungen vor allem durch aufliegende Wolken initiiert (zentrale/westliche Mittelgebirge). Mit Durchgang eines flachen Bodentrogs frischt der südwestliche Wind auf und an der Nordsee vorübergehend auf, was der Elbmündung sowie der schleswig-holsteinischen Küste ein paar Böen der Stärke 7 bis schwache 8 Bft bringt. Bereits zur frühen Morgenwäsche hat sich der Wind aber schon wieder abgeschwächt. Samstag ... zieht die Kaltfront im Laufe des Vormittags aus dem Südosten ab, wenn sie sich vorher nicht schon bis zur Unkenntlichkeit runtergewirtschaftet und entsprechend aufgelöst hat. Immerhin ist das Umfeld eher frontolytisch gebaut mit einem vorübergehend von Südwesten über die Alpen vorstoßenden Höhenkeil. Ob aufgelöst oder nicht, die anfänglich vom Alpenrand bis hoch nach Sachsen bzw. zur Niederlausitz noch auftretenden Niederschläge schwächen sich bis Mittag deutlich ab oder hören ganz auf. Damit entspannt sich auch die Glättesituation, trotzdem muss bis in den Vormittag hinein zumindest punktuell noch mit Glatteis gerechnet werden. Insbesondere in topografisch geschütztem Gelände in oder unweit der östlichen und südöstlichen Mittelgebirge dauert es mangels Durchmischung in der Regel etwas länger, bis die Kaltluft entschärft oder gar ausgeräumt ist. Ansonsten steht morgen ein zumindest aus meteorologisch-synoptischer Sicht ein eher langweiliger Samstag bevor. Die interessanteren Dinge ereignen sich entweder in den Bundesligastadien oder spielen sich weiter westlich, namentlich im Bereich UK/Irland ab. Dort verschärft sich nämlich der o.e. Trog, was ein über England positionierter, zunächst recht unscheinbar daherkommender Bodentrog zum Anlass nimmt, in ein zyklonales Entwicklungsstadium einzutreten. Oder etwas weniger schwülstig ausgedrückt, Zyklogenese setzt ein und es bildet sich das Tief ZENOBIO, das am Sonntag unter Vertiefung auf nahe 990 hPa die Nordsee in Richtung Nordjütland/Skagerrak kreuzt. Dann, also am ersten Advent, wird es sehr wahrscheinlich auch bei uns einen gewissen Impact generieren, vor allem auf und um die Nordsee herum. Zuvor erleben wir aber einen vergleichsweise ruhigen Samstag, an dem starke Bewölkung Trumpf ist. Bei 800 hPa stellt sich eine Absinkinversion ein, welche die feuchte Grundschicht deckelt. Die Folge ist viel hochnebelartige Stratusbewölkung oder auch Stratocumulus, zum dem sich später (teilweise für uns von unten gar nicht sichtbar) im Norden und Westen noch WLA-bedingte hohe und mittelhohe Wolken dazugesellen. Immerhin bleibt es im Großen und Ganzen trocken und regionsweise - u.a. in Teilen BaWüs sowie allgemein im Lee, also nördlich der zentralen Mittelgebirgsschwelle - lockert es auch mal auf. Abgesehen vom Brocken (Böen 8, vereinzelt 9 Bft) sowie der freien Nordsee (Böen 7-8 Bft) liefert der vornehmlich aus Süden wehende Wind tagsüber keine nennenswerten Impulse. Während sich im Südosten weiterhin Reste der runtergekühlten Grundschicht mit Tagesmaxima von 1 bis 5°C halten, geht´s sonst hoch auf 6 bis 12°C mit den höheren Werten in der Westhälfte. In der Nacht zum Sonntag kommt der nördliche Teil des o.e. scharfen Höhentrogs bis zur Nordsee voran. Das gleiche Ziel gibt das korrespondierende Bodentief ZENOBIO aus, das via Humber und Dogger in Richtung Fisher steuert. Die zugehörige Kaltfront greift weitgehend unmaskiert auf den Westen und Nordwesten über, wobei es etwa vom Oberrhein bis hoch nach SH sowie westlich davon anfängt zu regnen. Je nach Progression des Regens und Vorgeschichte der Temperatur lässt sich nicht ganz ausschließen, dass im Süden von BaWü lokal gefrierender Regen auftritt. Erdrückend sind die Hinweise der Numerik aber keinesfalls und in den übrigen vom Regen betroffenen Gebieten braucht man sich eh keine Sorgen machen, bleibt doch die Nacht mit 9 bis 6°C ziemlich mild. Leichter Frost tritt ausschließlich im präfrontalen Süden und Südosten auf (Südbaden bis ostbayerische Mittelgebirge bzw. Erzgebirge), Stichwort abgekoppelte Grundschicht. Zudem kann sich dort an der ein oder anderen Stelle Nebel bilden. Noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, inwieweit das Starkwind-/Sturmfeld des Kollegen ZENOBIO bis zum Morgen das deutsche Nordseeküstengebiet beeinflussen wird. Je langsamer und je weiter nördlich das Tief, desto wahrscheinlicher, dass warnrelevante Böen aus Südwesten noch offshore bleiben (Helgoland ausgenommen, aber ist ja quasi offshore). ---------------------------------------------------------------- Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC Sonntag ... ist den Ausführungen der Frühübersicht nicht viel hinzuzufügen. Allerdings simuliert der 12-UTC-Lauf von ICON das Tief am Sonntagmittag gut 150 km weiter nördlich als der 00-UTC-Lauf, was rund um die Deutsche Bucht etwas weniger Wind/Sturm bedeuten würde. Gleichwohl wird es an der Nordsee bis ins schleswig-holsteinische Binnenland ein windiger Sonntag, bei dem nur noch nicht feststeht, ob die Flamme der ersten Adventskerze mit 90° oder 120° waagerecht zum Boden lodert - Spaß. Nach einer fetten Sturmlage, wie es sie Anfang und Ende Oktober schon mal gab, sieht es dieses Mal nicht aus. Modellvergleich und -einschätzung ---------------------------------------------------------------- Dem Haupttext ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Jens Hoffmann